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#tierglück

333 m² Platz pro Schwein, ganzjährige Weidehaltung und mobile Schlachtung dort, kein Transport, Warmfleischverarbeitung, Hofmetzgerei, Bio-Restaurant – Land.Luft Leberfing, das landwirtschaftliche Bio-Konzept der Lindner Group zeigt seit fünf Jahren, wie Nachhaltigkeit funktioniert.

Eine Muttersau suhlt sich in einer Schlammkuhle auf der Weide, vier ihrer Ferkel würden es ihr am liebsten gleich tun. Doch „Mama“ lässt es sich noch gut gehen. Wenige Meter entfernt: Die Ferkelgeschwister, sie grasen oder ruhen sich in oder bei einer der bis zu 30 Aufzuchthütten aus. Eine solche Szene ist hier alltäglich – egal ob im Frühling, Sommer, Herbst oder Winter.

2015 startete die im nahegelegenen Arnstorf ansässige Lindner Group, ein im Bau tätiges Familienunternehmen, auf vor vielen Jahren erworbenen 45 Hektar Land rund um den Hof in Leberfing eine Bio-Landwirtschaft. Das Unternehmen verfügt über eigene Kantinen, Bistros und betreibt unter anderem das Schlossbräu Mariakirchen sowie Hotels. Auch dort fällt ein großer Bedarf an Fleisch und Wurst an. „Den Anstoß gab die Familie Lindner, die Nutztieren im Bereich der Haltung und Schlachtung bestmögliche Bedingungen und Umstände ermöglichen wollte. Vor allem die Vermeidung von Tiertransporten war essenziell“, erklärt Isabella Wieselhuber, seit 2019 Brandmanagerin. Nach dem Umbau des Hofes wurde dieser inklusive Hofmetzgerei und Bio-Restaurant im Sommer 2018 eröffnet.

Was hier auf den Weiden Alltag ist, geht weit über aktuelle gesetzliche Vorgaben zur Haltungskennzeichnung hinaus. Selbst bei Haltungsform „Bio“ hat ein Schwein nur 1,5 m² Platz um sich herum. Gestartet wurde auf den sechs Weiden mit 496 Schweinen, heute bevölkern fast doppelt so viele davon das weitläufige Grünland. „Sie sind eine Kreuzung aus Schwäbisch-Hällischem Landschwein und Duroc-Pietrain als Vaterrasse. Es gibt aktuell 35 Muttersauen, die acht bis zwölf Ferkel werfen“, sagt der Betriebsleiter der Metzgerei, Metzgermeister Andreas Reiser. Bis zu 40 Tage bleiben sie in den Hütten, danach bis zu zehn Monate auf der Weide bis zum Schlachtgewicht von etwa 140 kg. Dort fressen sie Gras und Kräuter und erhalten das auf den umliegenden Ackerflächen angebaute Bio-Futter,
z. B. Eiweißfrüchte, das selbst gemischt wird.

Bis zum Ende glücklich

Es gibt noch zwei weitere Weiden, eine Aufzucht- und eine Mastweide für 68 Murnau Werdenfelser Rinder und Braunvieh, Mutterkuhhaltung inklusive Stier, der mittels Natursprung für die Nachzucht sorgt. Auch hier, keine inszenierte Idylle. 300 bis 320 kg Schlachtgewicht sind die Regel. Da es keinen Lebendtransport der Tiere geben soll, wurde ein eigener mobiler Schlachtanhänger entwickelt – seit Ende 2017 EU-zertifiziert – um auf der Weide zu schlachten. „Bis dahin aber haben alle Tiere ein artgerechtes und glückliches Leben gehabt“, betont Isabella Wieselhuber. „Montags und mittwochs ab 6 Uhr schlachten wir je zehn Schweine, einzeln im Anhänger und donnerstags Rinder“, berichtet Andreas Reiser, der zuvor Abteilungsleiter Fleisch im Verkauf einer großen deutschen Supermarktkette war, sich im Sommer 2022 an der 1. Bayerischen Fleischerschule Landshut zum Fleischsommelier weiterbildete, seinen Kurskollegen den Hof bei einer Exkursion zeigte und bei Land.Luft eine neue Berufung fand.

Alle Tiere erleben ihr Ableben einzeln. Bei den Schweinen steht der Anhänger nahe des Futterhauses, sie werden mit Futter angelockt, elektrische Betäubung und Blutentnahme. Die weiteste Weide ist zehn Minuten entfernt. Von der Rohrbahn im Anhänger gelangen die Schweine zum Abbrühen in die Produktion und Verarbeitung, in der fünf Metzger, zwei Teilzeitmetzger und ein Helfer arbeiten. „Durch die Warmfleischverarbeitung entfällt der Zusatz von Phosphat und unsere Wurstwaren und das Fleisch schmecken intensiver, rundum aromatischer und natürlicher als andere“, sagt Andreas Reiser. Die Rinder werden im Fresstand des Wetterschutz-Unterstands betäubt – ein Schiebetor geht auf – via Seilwinde in den angedockten Anhänger verbracht, entblutet und in die Metzgerei gebracht.

From farm to fork

Das Rindfleisch reift hier drei Wochen. Die hohe Fleischqualität ist Programm. Auch beim Schweinefleisch. „Wir haben niedrigere Lactatwerte, weniger Säure im Fleisch und ein besseres Wasserbindevermögen“, erklärt Andreas Reiser. Egal ob Brüh- oder Kochwurst, Bio-Schweineschulter, Steaks, Wollwürste, Pfefferbeißer, im Naturreifeverfahren veredelte Salami, Schweine- und Rindsleberstreichwurst in Gläsern oder der zwei Jahre am Knochen gereifte Schinken. „From-farm-to-fork“ und „From-nose-to-tail“ – nachhaltiger geht's kaum. Auch gepökelte Rinderzunge gibt es – in Hofladen und Online-Shop. Dazu eigens hergestellte Marmeladen, Feinkost, Spirituosen sowie Weine aus dem Burgenland. Rund ein Drittel der Fleisch und Wurstwaren verbraucht die Lindner Group selbst, der Rest geht an Privat- und B2B-Kunden aus der Gastronomie, z. B. Organic Garden. „Das Konzept hat sich bewährt, jedes Jahr wächst der Umsatz. Wir haben uns weiterentwickelt, unsere Mitarbeiter stehen dahinter, es gibt aber auch noch Potenzial“, resümiert Isabella Wieselhuber. Und: Der Fleischer-Azubi und nun Geselle wurde 2023 Lehrgangsbester der Innung Landshut. Die Philosophie erreicht die nächste Generation. Marco Theimer

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 Fotos: Land.Luft